Der 25. November markiert jährlich den Internationalen Tag zur Beendigung von Gewalt gegen Frauen. Dieser Tag rückt ein Thema in den Fokus, das oft im Verborgenen stattfindet, aber mitten in unserer Gesellschaft präsent ist: häusliche Gewalt. Um die Herausforderungen und Hilfsangebote in der Region besser zu verstehen, haben wir mit Bettina Hainke vom Frauenhaus SkF e.V. Bamberg gesprochen.
Welche konkreten Hilfsangebote und Schritte bietet das Frauenhaus SkF e.V. Bamberg?
Bettina: Das Frauenhaus Bamberg bietet sowohl einen geschützten Platz im Schutzhaus als auch ambulante Beratung für Frauen, die von häuslicher Gewalt betroffen oder bedroht sind. Frauen können ihre Kinder mit ins Schutzhaus bringen.
Während des Aufenthalts steht die selbstbestimmte Entscheidung der Frau im Mittelpunkt. Das Frauenhaus-Team berät und begleitet die Frauen zu den Themen, die sie selbst als Ziel definieren, trifft aber keine Entscheidungen für sie. Sie unterstützen Frauen, indem sie Lösungsmöglichkeiten aufzeigen.
Die Frauen im Schutzhaus schätzen es, zur Ruhe kommen und Abstand gewinnen zu können, um dann im eigenen Tempo über die nächsten Schritte zu entscheiden. Für die Kinder ist es wichtig, in der Kinderbetreuung im Frauenhaus „einfach Kind sein“ zu dürfen.
„Wichtig ist für uns, dass die Frauen selbstbestimmt entscheiden, welchen Weg sie gehen wollen.“
Wie wichtig ist es, von ‘Femizid’ statt von ‘Beziehungsdrama’ zu sprechen, und welche Rolle spielt das Frauenhaus im Kontext der Hochrisikofälle – also in der präventiven Arbeit, um solche Taten in unserer Region zu verhindern?
Bettina: Das Thema häusliche Gewalt ist schambehaftet. Viele Frauen sehen im Gang ins Schutzhaus einen „sozialen Abstieg“ und trauen sich deshalb nicht, Hilfe anzunehmen. Die Hürden und Hemmschwellen sollen bereits am Telefon abgebaut werden.
Die Schutzhäuser stellen eine wichtige erste Möglichkeit dar, um der unmittelbaren Bedrohungssituation zu entkommen. Die Einschätzung eines Hochrisikofalls sollte in Absprache mit der Polizei erfolgen, um über die Notwendigkeit eines Wohnortwechsels zu entscheiden.
Allerdings bietet die Sicherheit im Frauenhaus keine Lösung für die Zukunft. Frauen müssen eigene Sicherheitsvorkehrungen treffen und die Möglichkeiten des Gewaltschutzgesetzes nutzen, um auch nach dem Aufenthalt sicher leben zu können.
Öffentlichkeitsarbeit wird als wichtiges Mittel zur Prävention gesehen. Je mehr Nachbarn, Freunde oder Kollegen hinschauen und Hilfe anbieten, desto schwieriger wird es für Täter, Gewalt auszuüben.
Welches sind aktuell die größten Herausforderungen in deiner täglichen Arbeit? Gibt es Engpässe – sei es bei der Finanzierung, den Kapazitäten oder der Suche nach ‘Second-Stage’- Wohnungen in Bamberg – und was müsste sich aus deiner Sicht politisch oder gesellschaftlich dringend ändern, um diese zu beheben?
Bettina: Die größte praktische Herausforderung für jede Bewohnerin nach dem Aufenthalt ist die Suche nach bezahlbarem Wohnraum mit Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr. Dies führt oft zu einer Verlängerung der Aufenthaltsdauer und ist frustrierend. Die Situation verschärft sich für Frauen mit vielen Kindern, Suchterkrankungen oder psychischen Erkrankungen. Das im Juli 2024 gestartete Projekt „Second Stage – Mein Start up“ unterstützt zwar, aber es fehlt schlichtweg an bezahlbarem Wohnraum.
Hinzu kommen Engpässe bei der psychosozialen Versorgung: Es ist schwierig, Termine oder freie Plätze bei Psychologen, Therapeuten und (Fach-)Ärzten zu finden. Das zu Beginn des Jahres verabschiedete Gewalthilfegesetz ist ein Schritt in die richtige Richtung, jedoch sind weitere politische und gesellschaftliche Schritte notwendig.
Welches Bild zeichnet sich in Bamberg ab – welche Mythen über Gewalt gegen Frauen halten sich hartnäckig, und was ist die zentrale Botschaft, die jede Bambergerin und jeder Bamberger verstehen sollte, um Gewalt frühzeitig zu erkennen oder zu verhindern?
Bettina: Häusliche Gewalt ist auch in Bamberg in allen sozialen Schichten vertreten. Während Frauen mit wenigen finanziellen Ressourcen das Schutzhaus häufiger aufsuchen, zeigt sich in der ambulanten Beratung ein gemischtes Bild der Gesellschaft.
“Wichtige Hilfsangebote sind: das Hilfesystem vom bundesweiten Hilfetelefon unter 116016 mit der eher anonymeren Beratung bis hin zu den Angeboten vor Ort wie das Frauenhaus, die Fachberatungsstelle sexualisierte Gewalt, die Polizei und die Möglichkeit, Anträge nach dem Gewaltschutz beim Amtsgericht zu stellen.“
Was können wir als Bürgerinnen und Bürger – konkret als Freundinnen, Nachbarn oder Kolleginnen – tun, um Anzeichen von Gewalt im Umfeld wahrzunehmen, und welche niedrigschwelligen Hilfsangebote oder Anlaufstellen (neben dem Frauenhaus) in Bamberg können Betroffene oder besorgte Dritte kontaktieren?
Die zentrale Botschaft lautet: „Hinschauen statt wegschauen“.
Konkrete Handlungsempfehlungen:
- Anstatt Betroffene zum sofortigen Gang zur Polizei oder ins Frauenhaus zu drängen, sind die Fragen „Was brauchen Sie/brauchst du jetzt?“ und „Kann ich etwas für Sie/dich tun?“ wichtiger.
- Der Anruf bei der Polizei als besorgter Nachbar, der Zeuge von Auseinandersetzungen wird, kann eine wichtige Unterstützung für die betroffene Frau sein.
Wichtige Hilfsangebote für Betroffene und Dritte:
- Das bundesweite Hilfetelefon unter 116 016 bietet anonyme Beratung.
- Angebote vor Ort sind das Frauenhaus und Notruf bei sexualisierter Gewalt des SkF e.V. Bamberg und die Polizei.
- Es besteht die Möglichkeit, Anträge nach dem Gewaltschutz beim Amtsgericht zu stellen.
“Im Frauenhaus SkF e.V. Bamberg und bei dem Notruf bei sexualisierter Gewalt kann sich jede und jeder über das Hilfsangebot vor Ort informieren.“


